Leitbild zur nachhaltigen Stadtentwicklung
Schon seit unserer Vereinsgründung beschäftigt uns der desolate Zustand der Heinersdorfer Straßen und Bürgersteige, der wenig attraktive Anblick des Ortskerns und der generelle Mangel an einer städtebaulichen Grundidee für unseren Ort.
In der Vergangenheit wurde viel diskutiert. Eine nachhaltige Idee für Heinersdorf existiert nicht. Weil die Entwicklung eines städtebaulichen Gesamtkonzeptes auf politischer Seite nicht absehbar ist, haben wir die Ergebnisse der letzten Diskussionen in einem Papier zusammengefasst. Dieses Leitbildpapier soll uns Arbeitsgrundlage für weitere Gespräche mit Bürgern, Politikern und Behörden sein. Wir wollen es weiterentwickeln, ausbauen und regelmäßig aktualisieren.
Sie können das Leitbild als PDF-Datei herunterladen oder nachfolgend lesen.
Heinersdorf – ein Stadtteil mit Potenzial
Heinersdorf hebt sich durch seine besondere bauliche Gestalt (kleinteilige Mischbebauung umgeben von Kleingärten und Grünflächen) deutlich von den umliegenden, eindeutig städtischen Vierteln ab. In den 1920er Jahren war geplant, den Stadtteil zu einer attraktiven, zentrumsnahen Gartenstadt zu entwickeln. Dies wurde zwar aufgrund der Wirtschaftskrise und des Krieges nicht im geplanten Umfang umgesetzt, doch bis heute ist Heinersdorf der dem Zentrum nächstgelegene grüne Stadtteil, der durch Gärten und gute ÖPNV-Anbindung vor Allem für Familien zu einem attraktiven Wohnviertel geworden ist.
Heinersdorf hat ein hohes weiteres Entwicklungspotenzial, von dem auch die Umliegenden Stadtteile profitieren können, sofern man seinen besonderen Charakter durch umsichtige Planung erhält:
Zukunftsfähige Stadt
Drohender Klimawandel und Fehler in der Stadtplanung vergangener Jahrzehnte zwingen zum Umdenken. Die Stadt der Zukunft ist eine Stadt der kurzen Wege, in der man auf ein Auto verzichten kann. Die Bebauung ist durch großzügige Grünflächen aufgelockert, die für die notwendige Abkühlung und den Luftaustausch bei Hitzeperioden sorgen. Statt Zersiedelung der Landschaft durch ausufernde Vororte werden städtische Flächen intelligent genutzt. Heinersdorf ist zentrumsnäher als jedes andere Berliner Wohngebiet im Grünen und gut mit der Straßenbahn oder dem Fahrrad von der Innenstadt aus erreichbar Heinersdorf besitzt große Grünflächen in Form von Kleingartenanlagen und naturnahen Räumen. Große Teile davon sind als Kalt- und Frischluftschneise offiziell ausgewiesen Heinersdorf verfügt über viele brachliegende oder fehlgenutzte Flächen, die für zusätzliche Wohnbebauung attraktiv genutzt werden können und somit einer Zersiedelung am äußeren Stadtrand entgegenwirken. Es bestehen gute Voraussetzungen für autofreie Siedlungen.
Wirtschaftliche Nachhaltigkeit
Eine planvolle Entwicklung Heinersdorfs entlang seiner Potenziale ist auch aus wirtschaftlicher Sicht nachhaltig: Zuzugszahlen und stark steigende Nachfrage nach selbstgenutzten Immobilien zeigen einen wachsenden Bedarf an Ein- und Zweifamilienhäusern in Heinersdorf auf Für Kommunen ist das Einkommenssteueraufkommen in attraktiven Wohnvierteln finanziell nachhaltiger als oftmals fluktuierende Gewerbesteuereinnahmen Das Kosten-Nutzen-Verhältnis bezüglich Erschließung und Infrastruktur ist in Verbindung mit dem langfristigen Umweltnutzen der Grünflächen attraktiv
Naherholungsfunktion Die bestehenden Naturräume können zu attraktiven Erholungsgebieten an der Schnittstelle zum Umland (Naturpark Barnim) gestaltet werden Sport- und Freizeitangebote können geschaffen bzw. bestehende Angebote erweitert und vernetzt werden (Sportkomplex Rennbahnstraße, Golfplatz Malchow, Pferdekoppeln etc.) Man kann in Heinersdorf etliche derzeitige Sackgassen durch Fuß- und Radwege zu einem autofreien Wegenetz verbinden und so für autofreies Wohnen Maßstäbe setzen
Der Status Quo – eine unbefriedigende städtebauliche Situation
Im Gegensatz zur Attraktivität privater Grundstücke ist die derzeitige städtebauliche Situation unbefriedigend. Ein Durcheinander von Wohngebieten, Gewerbeflächen und Brachen, die sich gegenseitig beeinträchtigen, prägt das Bild. Mangels eines klaren Gesamtkonzepts ist Heinersdorf wenig attraktiv für Investoren. Attraktiven Einzelhandel gibt es nicht mehr. Die wenigen gewerblichen Investitionen richten sich nicht nach dem Bedarf der Einwohner: Schnellimbisse, Tankstellen, Gebrauchtwagenhändler und Baumärkte haben sich – teilweise an ungeeigneter Stelle – angesiedelt.
Verkehrsbelastung – Stau, Schleichwege und Sackgassen
Die planlose Entwicklung vergangener Jahrzehnte äußert sich durch tägliche Staus auf der Ost-West-Verbindung, denen viele Autofahrer auf Schleichwegen durch Nebenstraßen zu entkommen versuchen. Viele Straßen sind seit ihrer Anlage in den 1920-er Jahren nicht zu Ende gebaut worden – Sackgassen zwingen zu Umwegen. Für Fußgänger und Radfahrer bestehen durch verkehrsplanerische Mängel viele gefährliche Stellen. Die meisten Straßen und Fußwege sind z.T. extrem beschädigt und bedürfen dringend der Sanierung. Die Errichtung neuer Wohngebiete in Heinersdorf („Blumenwinkel“) und Karow-Nord sowie die Ansiedlung großer Gewerbebetriebe (z.B. Kaufland und weiteres benachbartes Gewerbe) haben zu einer extremen Verschärfung dieses Zustandes geführt. Eine weitere Belastung ist der erhebliche LKW-Verkehr durch Baugewerbe und Entsorgungsbetriebe. Zahlreiche schwere LKW auf zu engen Straßen beeinträchtigen Sicherheit, Sauberkeit und Luftqualität.
Ortskern – eine irreführende Diskussion
Zum sogenannten Ortskern (Romain-Rolland-Straße zwischen Einmündung der Berliner Straße und Abzweig der Rothenbachstraße) läuft seit Jahren eine irreführende Diskussion. Sie basiert auf der Annahme, es könne eine Wiederbelebung dieses (über die Jahrzehnte entvölkerten und von Autohändlern und Kleingewerbe dominierten) Abschnitts als Einkaufsstraße mit Zentrumsfunktion stattfinden. Das ist jedoch angesichts der vielen bereits etablierten Einkaufszentren und Supermärkte in der unmittelbaren Umgebung faktisch nicht mehr erreichbar (auch im ‚Zentrenkonzept’ wird hiervon nicht mehr ausgegangen). Diverse Planungen stützen sich dennoch auf die mangelhaft durchdachte Ortskern-Idee (z.B. Verkehrsentlastung des Straßenabschnitts auf Umgehungsstraßen durch bislang intakte Wohngebiete).
Risiken
Wenn in den kommenden Jahren keine integrale Planung zur stadträumlichen Entwicklung vorgelegt wird, droht die Entstehung einer dauerhaften städtebaulichen Problemzone. Das Potenzial Heinersdorfs würde den Interessen von Gewerbe- und Verkehrsplanungen geopfert.
Die Forderungen der Zukunftswerkstatt Heinersdorf
Heinersdorf muss einen planerischen Rahmen erhalten, der seiner besonderen Struktur Rechnung trägt. Über Jahrzehnte entstandene Fehlentwicklungen können nicht durch einzelne Großprojekte (Umgehungsstraße) behoben werden, sondern bedürfen einer Vielzahl kleinerer, durchdachter Maßnahmen. Vorhandene Potenziale müssen erkannt und gezielt gefördert werden, damit an die Stelle einer städtebaulichen Problemzone eine attraktive Schnittstelle zwischen Stadt und Umland treten kann. Weitere Fehlentwicklungen müssen verhindert werden.
Unsere Forderungen richten sich auf drei Hauptaspekte
a) Geplantes Einkaufs- und Gewerbegebiet am ehemaligen Güterbahnhof Pankow
Im Zuge des geplanten Einkaufszentrums entlang der Granitzstraße existiert offenbar die Idee einer Straßenanbindung nach Norden / Osten (unter Autobahnzubringer durch die Kolonie ‚Feuchter Winkel’, über die ehemalige Güterbahn zur Blankenburger Straße mit Anbindung an eine Ortskern-Umfahrung). Eine solche Straßenführung würde intakte Wohnviertel und Grünflächen massiv beeinträchtigen und Heinersdorf auf Dauer zu einer Transitzone für die umliegenden Stadtviertel degradieren, anstatt seine spezifischen Qualitäten weiterzuentwickeln
- Eine Erschließung des Geländes an der Granitzstraße für den Autoverkehr darf nicht durch Heinersdorf erfolgen! Die Straßenanbindung besteht bereits durch die benachbarte Autobahn und sollte über die Stärkung des ÖPNV aus Richtung Heinersdorf ergänzt werden.
- Die Straßenbahn M2 muss zum S-Bahnhof Heinersdorf verlängert werden, um einen Umsteigepunkt zu schaffen. Von dort kann sie ggfs. zur Granitzstraße weitergeführt werden.
b) Ortskern-Planungen
Die Straßenplanung zur Umgehung des Ortskerns folgt falschen Annahmen. Der Ortskern ist heute weitgehend entvölkert. Selbst bei deutlicher Reduzierung des Verkehrs auf der Romain-Rolland-Straße lässt sich hier keine Einkaufsstraße oder sonstige Zentrumsfunktion mehr etablieren. Eine Umfahrung (z.B. zwischen Romain-Rolland-Straße, Malchower und Blankenburger Straße) würde durch bislang intakte Wohngebiete führen und weit mehr Anwohner beeinträchtigen als die bisherige Straßenführung. Wichtig ist die Ortsmitte für die Heinersdorfer als logischer Knotenpunkt aller zentralen Verkehrswege. ÖPNV-Linien, Fuß- und Radverkehr kreuzen sich hier, sind aber durch den Auto-Durchgangsverkehr marginalisiert.
- Die Ortskernidee muss neu durchdacht werden. Die Entlastung des Ortskerns darf nicht anhand falscher Annahmen über die Bedürfnisse der sonstigen Anwohner gestellt werden.
- Die Ortsmitte sollte durch kleinere, abgestimmte Maßnahmen städtebaulich attraktiver gestaltet werden. Die Einmündung der Blankenburger Straße in die Romain-Rolland-Straße kann als Platz angelegt werden (siehe Karte auf der folgenden Seite). Die Verkehrsführung auf der Romain-Rolland-Straße kann durch intelligente Planung so geregelt werden, dass die Barrierewirkung der Straße und Gefahren für Fußgänger gemindert werden. Ebenso können die Haltestellen von Bus und Tram deutlich benutzerfreundlicher gestaltet werden.
- Der öffentliche Verkehr in Heinersdorf muss verbessert werden, z.B. durch eine Taktverdichtung der Buslinie 158 nach Blankenburg und Buch sowie einer Busverbindung nach Malchow. Der Durchgangsverkehr könnte damit, in Übereinstimmung mit dem Senatskonzept zur weiteren Reduzierung des Autoverkehrs, vermindert werden.
- Wenn neue Straßenverbindungen geschaffen werden, müssen sie – als Netz von Stadtstraßen – den bestehenden Verkehr in der Fläche besser verteilen, nicht aber neue Durchgangsrouten schaffen.
- Fußgänger und Radfahrer müssen mehr Raum erhalten. Durch Verbindungen bisheriger Sackgassen für nichtmotorisierten Verkehr können attraktive Nebenrouten geschaffen werden.
c) Gewerbeflächen an der Blankenburger Straße
Die vorgesehene Schaffung zusätzlicher Gewerbeflächen entlang der Blankenburger Straße würde die angrenzenden Wohngebiete sowie die Kalt- und Frischluftschneise empfindlich beeinträchtigen. Bereits das jetzige LKW-Aufkommen verursacht erhebliche Beeinträchtigungen und Gefahren. Mit zusätzlichem LKW-Verkehr wäre zu rechnen, obwohl die bestehenden Straßen überlastet sind. Die ursprünglich ausgewiesenen Flächen genügen in Größe und Lage nicht mehr den heutigen Anforderungen, in der näheren Umgebung bestehen mehrere geeignetere Standorte. Eine Wohnbebauung mit Grünflächen wäre städtebaulich und wirtschaftlich nachhaltiger.
- Heinersdorf darf nicht durch zusätzlichen LKW-Verkehr infolge weiterer Gewerbeflächen belastet werden.
- Das ausgewiesene Gewerbegebiet entlang der Blankenburger Straße muss im Flächennutzungsplan zu einem Wohngebiet umgewidmet werden bzw. der Ansiedlung von Grünflächen oder Sport- und Freizeiteinrichtungen vorbehalten bleiben, um die bestehende Frisch- und Kaltluftschneise nicht zu beeinträchtigen.
- Kurzfristig müssen die bestehenden Gewerbebetriebe zur Einhaltung der Vorschriften zu Lärm- und Schadstoffemissionen verpflichtet werden.
- Mögliche Ortskernentwicklung im Bereich der Blankenburger Straße bis zur Einmündung Malchower Straße
- Anbindung an die Nordseite des Kirchgengeländes für Fußgänger könnte geprüft werden
- Verkehr zwischen Pankow und Weißensee könnte weiterhin über die Romain-Rolland-Straße fließen